Soest

 

Da unsere Urlaubsträume aufgrund von Corona platzen, müssen wir derzeit ein bisschen umdenken. Doch es bleiben immer noch genug Möglichkeiten, unsere freie Zeit mit schönen Dingen zu verbringen. So haben wir uns vorgenommen die Heimat neu zu entdecken und dafür brauchen wir nicht bis nach Lucca/Toskana zu reisen, denn auch in unserer Nachbarstadt Soest wird noch heute zwei Drittel der Altstadt von einer Wallanlage umschlossen. 

Es ist eine historische mittelalterliche Befestigung, die seinesgleichen sucht. Sie ist der verbliebene innere Ring der Soester Stadtbefestigung aus dem 12. Jahrhundert, der auf Veranlassung des Stadtherrn Philipp von Heinsberg ca. 1180 gebaut wurde. Es handelt sich heute um einen begehbaren Wall, der mit Bäumen bepflanzt ist, und einen vorgelagerten tiefen Graben, der als Gräfte bezeichnet wird. 

Für unseren Spaziergang stellen wir unseren PKW am Feldmühlenweg ab. Den Namen hat die Straße von der alten Feldmühle, die ihre besten Jahre zweifellos hinter sich hat, aber unter Schutz steht. Die Mühle ist schwer zugängig und derzeit nicht betretbar. 

Von hier sind es nur ein paar Meter und wir biegen auf einen schönen Spazierweg ein, der am renaturierten Soestbach entlang führt. Es ist das Hauptgewässer der Soester Börde und trägt im Stadtgebiet verschiedene Namen. In diesem Bereich handelt es sich um den vorerst letzten Teil des Gewässers, in dem das Bachbett verbreitert und wieder naturnah gestaltet wurde.

Am Weg steht eine Bank, sie bietet den perfekten Blickfang zum Entspannen. Doch sie ist auch ein guter Beobachtungsposten, denn auf dünnen Beinen steht ein Fischreiher am seichten Bach und wartet auf Wurm und Fisch, ganz bestimmt schon für seinen Mittagstisch. Ein beeindruckendes Naturschauspiel. Doch so ungewöhnlich ist das gar nicht, denn diesen Fischreiher haben wir hier schon mehrmals beobachtet. 

Wir gehen den Wasserlauf ein kleines Stück entlang und biegen dann nach rechts in die Gräfte des Walles ein.
Die ehemalige Doppelwallanlage umschloss damals das gesamte Stadtgebiet und war ungefähr 4 km lang und 10 Meter hoch. 1586 wurde der äußere Wall eingeebnet und der innere Wall verfiel um 1800. Der heutige innere Wall wurde 1818 bis 1827 wieder hergestellt und mit Bäumen bepflanzt. Seitdem stehen rund 600 Linden auf den sechs Soester Wallabschnitten. 

Wir bummeln erst einmal ein bisschen durch die ehemalige Gräfte – dem früheren Wassergraben der Stadtbefestigung - die heute mit zum Teil exotischen Bäumen und Sträuchern bepflanzt ist und lassen das immer noch imposante Mauerwerk auf uns wirken. 

Dann stehen wir vor Kunst im öffentlichen Raum. Ein Lichtbogen in Edelstahl mit einem Radius von 3 Metern ist ein Knotenpunkt in der Gräfte. Er steht vor dem Durchgang zum Steingraben, einem Walldurchbruch in die historische Altstadt.
Der glänzende Stahlbogen als modernes Tor stellt eine Verbindung und einen Übergang vom Alten zum Neuen dar.
Die ehemalige Gräfte ist neben den Kunstwerken mit vielen Kinderspielplätzen ausgestattet, die man nicht nur zu Fuß, sondern auch per Fahrrad erreichen kann. 


Der „neue“ Rosengarten am Dasselwall ist gerade fertig geworden und lädt zu einem kleinen Abstecher ein. 3500 Stauden, Gräser, Rosen und Rhododendren und viele neue Bäume haben die Gärtner hier gepflanzt; doch sind dabei auch die vorhandenen Bäume und große Sträucher erhalten worden. 

Zwischen den Blumenbeeten ist auf der Rasenfläche ein neuer Springbrunnen errichtet worden. Eine große Düse mittendrin sorgt für die höchsten Fontänen, während am Beckenrand 16 zusätzliche Spritzer montiert wurden. Ein Spaziergang, besser noch das Verweilen in diesem Blumengarten lohnt sich. 

 

Sonnenuhren sind seit der Antike im Gebrauch und stellen heute nur noch Schmuck in Parks dar.

Eine Sonnenuhr am Wegesrand im Rosengarten zeigte uns mithilfe des Sonnenstands am Himmel die Tageszeit an.


Doch die mit dieser Uhr angezeigte Zeit berücksichtigt nicht die seit 1980 erneut eingeführte Sommerzeit, so mussten wir noch eine Stunde hinzurechnen. 


Entlang des Walls sind noch Reste von den alten Wehrtürmen zu sehen. Der 1230 errichtete Kattenturm ist heute der einzige erhaltene Wehrturm des ehemaligen inneren Stadtwalls.

 

Nach dem Überqueren der Ulrich-Jakobi-Wallstraße wechseln wir von der Gräfe auf den Wall, damit wird die mit Linden bewachsene Promenade beschrieben. Diese denkmalgeschützte Stadtbefestigung gehört zu den Touristenattraktionen der Stadt. 



Hier treffen wir auf die Bördesteine, die sich auf dem gesamten Wall entlang ziehen.
Diese mit Acryllack bemalten Steine wurden seit März am Wallwegesrand ausgelegt.
Entgegen der sonstigen Gepflogenheit sollen diese Steine nicht andernorts wieder neu ausgelegt werden, sondern hier sollen diese Steine ausdrücklich liegen bleiben.

 

Geht es nach der Facebookgruppe „Bördesteine“, soll dabei am Ende sogar ein Eintrag im Guinness-Buch der Rekorde herauskommen.
Ob mit lachendem Gesicht, Marienkäfer, Ernie, Geburtsglückwünsche oder Motiven mit lokalem Bezug, wir sind begeistern von dem Ideenreichtum dieser bunt bemalten und verzierten Steine.

Sie sollen den Zusammenhalt der Soester während der Corona-Pandemie symbolisieren. Es ist immer wieder eine sehr schöne Idee, die schon viele Städte aufgegriffen haben. 


Die Promenade auf dem Wall ist nur für Fußgänger und bietet somit die größte städtische Grünanlage. Sie übernimmt damit eine wesentliche Rolle zur Naherholung in der Soester Innenstadt.

 

Als Teil des Wallentwicklungskonzepts entstand 2017 unterhalb des Walls auf einem Areal von rund 1600 qm Fläche der „Soester Mitmach Garten“. Den wollen wir uns mal etwas genauer ansehen und verlassen dafür über Steinstufen die Promenade. 

Jeder, der bereit ist, sich auch mal die Hände schmutzig zu machen, der Spaß, Kreativität und Neugier miterleben möchte, ist in diesem Garten herzlich willkommen. Es werden auf Gemeinschaftsbeeten Gemüse, Kräuter und Nutzpflanzen angebaut. Wenn die Früchte reif sind, können sie von den Menschen, die gerade im Garten sind, geerntet werden. Nach außen hin präsentieren sich die Gärtner als Gruppe mit eigenem Namen und eigener Öffentlichkeitsarbeit. 

Nach einem Rundgang durch den Garten setzen wir unseren Spaziergang auf dem Wall fort. Was gibt es Schöneres, als sich bei einem Spaziergang eine Auszeit vom Alltag zu gönnen und dabei noch herrliche Natur zu entdecken und genießen.

 

Auf den Wallanlagen ist man mitten in der Stadt und doch im Grünen und hat von hier oben auch gleich noch einen herrlichen Blick über die Dächer und Gärten der Altstadt und auf den markanten „Schiefen Kirchturm“ der Hansestadt Soest.

Der eigenwillig schiefe, nach Westen geneigte Turmhelm der Alt St. Thomae Kirche wurde 1653 nach einem Blitzschlag vom Stadtzimmerer Goebel Styes erneuert.

Ob der Turm bewusst schief angelegt wurde, um beispielsweise den Süd-West-Winden zu trotzen, oder aber ob er sich erst im Laufe der Zeit verzog, bleibt bis heute ein Geheimnis. 


Im Mittelalter war Soest die größte und bedeutendste Stadt Westfalens doch alle fünf Stadttore der Stadtbefestigung, die einst den Einlass in die Stadt ermöglichten oder ebenso verwehren konnten, wurden im 19. Jahrhundert abgerissen.
Mit einer Ausnahme, dem aus Sandstein errichteten Osthofentor. Es ist das jüngste der Stadttore und wurde erst 1523 fertiggestellt. Im Jahre 1965 wurde es in der Briefmarkenserie „Deutsche Bauwerke aus zwölf Jahrhunderten“ der Deutschen Bundespost abgebildet. Heute ist in der ehemaligen Wachstube ein sehenswertes kleines Museum zur Soester Stadtgeschichte – von den Anfängen bis zur Gegenwart -untergebracht. Ferner besitzt es eine Sammlung von mittelalterlichen Armbrustbolzen und gibt Informationen zur Wehr- und Waffengeschichte.

 


Hier endet für uns der wunderschöne Spaziergang auf einer, mit Bäumen bestandenen Wallanlage und wir starten zu einem kleinen Altstadtrundgang ab der Ostenhofenstraße. 

Hier treffen wir gleich auf ein malerisch aussehendes Ensemble von Fachwerkhäusern. Soest ist geprägt von hübschen Fachwerkzeilen und romantischen Gassen. Wer in diesen Fachwerkhäusern wohnt, lebt oft mit vielen Jahrhunderten Geschichte unter einem Dach. Viele von ihnen sind denkmalgeschützt. Doch die meisten hübschen Fachwerkzeilen sind saniert und bieten modernsten Lebensraum. 

Ziel unseres Spaziergangs ist der schöne Marktplatz mit seinen vielen mittelalterlichen Fachwerkhäusern und dem vom Stadtrat und der Stadtverwaltung genutzte Soester Rathaus. Im Mittelteil des repräsentativen Barockgebäudes befindet sich im Giebel der Stadtpatron St. Patroklus und über dem mittleren Bogen das Soester Stadtwappen. 

Doch Absperrungen und Aufsichtspersonen informierten uns darüber, dass der Platz heute nicht frei zugängig ist. Heute findet der coronabedingt bereits abgesagte Bördebauernmarkt nun doch noch unter besonderen Schutzmaßnahmen statt. Wie auf allen Wochenmärkten war auch hier Mund- und Nasenschutzpflicht. 


Zwischen dem Marktplatz und dem Domplatz hatten die Bauern und Händler aus der Region ihre Stände mit allerlei regionalen Angeboten rund um Gesundes und Dekoratives aufgebaut.

Mit dem Einzug der farbenfrohsten Jahreszeit - dem Herbst - beginnt auch die Kürbiszeit.
Sie werden überwiegend zur Dekoration und zum Basteln verwendet.

An verschiedenen Ständen konnten wir die ganze Vielfalt der Kürbisse bestaunen. Unzählige einfarbig oder mehrfarbig gemusterte zum Teil bizarr gewachsene Früchte waren im Angebot. 


 

Auch die Blüten der Artischocke zierten gleich eimerweise die Treppenstufen eines Eingangs und die verschiedensten Marktstände.

Diese Blüte ist einzigartig, pflegeleicht, sauber und muss nicht gegossen werden.
Sie ist auch im getrockneten Zustand noch wunderschön. Diese Dekorationsidee für Zuhause fand reißenden Absatz.

 

Auch wenn der Bördebauernmarkt coronabedingt etwas kleiner ausgefallen war, bot er doch eine schöne Abwechslung, pünktlich zum meteorologischen Herbstanfang.

 


Direkt am Teich gelegen bietet das Café und Restaurant Solista in schöner Lage mit zwei Außenterrassen das passende Ambiente zur Kaffeezeit.
Nach dieser Pause geht unser Spaziergang zwischen den für Soest typischen Grünsandsteinmauern und den nicht trist, sondern begrünten Mauerdurchgängen, weiter an Soests-Altstadt-Gewässer entlang. 

 

Zum Kaffeetrinken zog es uns aber dann doch lieber an den Großen Teich.

Der Teich ist über 600 Jahre alt und ist örtlich auch als „Ententeich“ bekannt. Gespeist wird er aus mehreren Quellen, die sich im und am Teich befinden.

 

Das austretende Wasser wurde so aufgestaut, dass ein über hundert Meter langer und bis zu fünfundsechzig Meter breiter Teich entstand.

 

Der Teich ist für seine Panoramen bekannt, bietet er doch Ansichtskartenmotive wie die „Teichsmühle vor den Türmen der Wiesenkirche“ oder den „Blick über den Teich zum Patrokli-Dom“. 

 

Der Abfluss des Großen Teichs mündet hier in den als Loerbach bekannten Soestbach, der 1997 als erster Abschnitt saniert wurde.

 

Dass diese Sanierung solch ein Erfolg werden würde, hat damals niemand geahnt. Statt einer trostlosen Betonrinne hat der Bach jetzt, mehr als 25 Jahre später, auf 1,6 Kilometer ein vorzeigbares naturnahes Bachbett mit artgerechten Pflanzen und Natursteinen. 


Auch kann er sich weder in einem bedeutend breiteren Bett ausdehnen und ist damit auch für Starkregenfälle besser gerüstet. Ferner wurden die Uferbereiche neu gestaltet, um dort die Aufenthaltsqualität zu verbessern. Das sieht nicht nur gut aus, sondern es lädt uns geradezu ein bis zu unserem geparkten Auto, an dieser kleinen Oase entlang zu bummeln.