Ein Wintertag in Bad Rothenfelde

 

Die Sonne ist im Winter oft nicht mehr als ein fahler Fleck hinter grauen Wolken und wenn es nicht gerade regnet und stürmt, hängen oft dichte, feuchtkalte Nebelschwaden zwischen den Häuserblöcken. Zu kalt, zu nass, zu ungemütlich, die winterlichen Witterungsverhältnisse haben uns in den letzten Wochen oft davon abgehalten vor die Tür zu gehen. Darum hieß es an einem schönen sonnigen Wintertag runter vom Sofa und Lust auf eine Pause vom Alltag. Spontan tun was einem gefällt. Raus an die frische Luft und diesen herrlichen Tag genießen. Abtauchen und einfach mal unerreichbar sein. Etwas anderes sehen und erleben.

 

So setzten wir uns sofort nach dem Frühstück in unser Auto und fuhren nach Bad Rothenfelde, denn viele Erzählungen unserer Bekannten hatten uns auf dieses Kurbad neugierig gemacht. Das Heilbad im Osnabrücker Land liegt wenige Kilometer südlich des Teutoburger Waldes, im Städtedreieck Bielefeld, Münster und Osnabrück. Es ist von unserem Heimatort nur gut 1 Stunde Fahrtzeit entfernt. 

Wir stellen unser Auto auf einem der gebührenpflichtigen Parkplätze in der Nähe des Kurparks ab. Eingemummelt in dicke Winterjacken sowie Schal und Handschuhe lassen wir uns von den kühlen Temperaturen trotz des Sonnenscheins nicht abschrecken und erkunden den Kurort.

Die Geschichte des Ortes beginnt mit der Entdeckung der Alten Quelle am 22. Sept. 1724. Bereits 1725/26 wurde das erste Siedehaus gebaut und es Begann die Salzsiedung. Alles verdanken die Bad Rothenfelder dem Speisesalz, das einst für die Suppe gesiedet wurde. 1777 errichtete man das erste Gradierwerk, welches im Volksmund auch Saline genannt wird. 1824 folgte das zweite, mit seiner Länge von 412 Metern. Mehr als ein Jahrhundert lebte Rothenfelde nur vom „weißen Gold“, denn Sole wurde zunächst nur zur Herstellung von Speisesalz gefördert und versiedet. Doch seit 1826 diente es auch der Gesundheit, denn die beiden Gradierwerke liefern durch die Abrieselung eine frische Brise, die der Nordseeluft sehr ähnlich ist. Sie werden seit der Schließung des "Rothenfelder Salzwerkes" im Jahre 1969 nur noch als Freiluft-Inhalation genutzt. 

Die beiden imposanten Gradierwerke sind das Wahrzeichen des Kurortes und die längste Gradierwerksanlage Westeuropas, mit 10.000 qm Rieselfläche. Sie prägen entscheidend das Ortsbild von Bad Rothenfelde.

Wir beginnen unsere Ortserkundung am Alten Gradierwerk. Diese 1774 gebaute Saline mit ihrem Sole-Hochbehälter bildet den Mittelpunkt des Ortes. Sie steht direkt am Brunnenplatz und dem wunderschönen Eingangsbereich zum Konzertgarten. Hier herrschte während des ganzen Tages reges Treiben.

Am Morgen bot der Wochenmarkt Waren des täglichen Bedarfs von den umliegenden Bauernhöfen und am Nachmittag stellt er die Verbindung zu den Geschäften an der Salinenstraße her, die die Grün- und Beetflächen der 18 ha großen Parkanlage säumen.

Wir machen entlang der schönen Salinen einen Spaziergang und genießen den frischen Solenebel und spüren den leichten Salzgeschmack auf den Lippen. 

Nicht weit entfernt steht das historische Gebäude des Kurmittelhauses. Um die Jahrhundertwende wurde das imposante Kurmittelhaus seiner Bestimmung übergeben.

Dieses Gebäude verdeckt seit dieser Zeit den Salinenhof und stellte schon damals damit symbolisch die Kur und die Gesundheit in den Vordergrund. Wenn auch zunächst Mediziner und Salinenbetreiber in Widerstreit um die Nutzung der kostbaren Quelle standen, so hat letztendlich die „Kur“ das Rennen gewonnen. So wurde bereits 1905 aus dem Dorf Rothenfelde ein „Bad“ und 1965 wurde das Bad als staatliches Heilbad anerkannt.

Wir gehen vorbei an einem schönen Brunnen sowie Steinskulpturen von Elefanten und Schildkröten und werfen einen Blick in das Kurmittelhaus, in dem seit 1906 in Sole gebadet und mit Sole inhaliert wird. Ferner werden hier Muskeln massiert und in wärmende Packungen gewickelt und Gelenke mit Krankengymnastik wieder beweglicher gemacht.

Wir setzen unseren Spaziergang fort und überqueren den Kreisverkehr zwischen den beiden Salinen, auf dem das Kunstwerk „Fundamente des Himmels“ steht. 

Der Künstler hat sich mit dieser Skulptur von einer Idee der Maya-Kultur anregen lassen – vier Bäume tragen den Himmel, verbinden ihn mit dem Irdischen und geben den Menschen ihren verlässlichen Schutz -.

Auf der anderen Straßenseite setzt sich der Kurpark mit der Neuen Saline fort. Hatte das Alte Gradierwerk gegenüber dem Kurmittelhaus nur eine Länge von 114 Metern, können wir am Neuen Gradierwerk gleich 412 Meter entlang gehen. Auch hier rinnt Salzwasser über Dornenwände und verdunstet.  

Die Luft vermischt sich mit der prickelnden Sole und so kann man die salzhaltige Luft inhalieren, die erfrischend für die Atemwege ist. Der Wittekindsprudel fördert aus 180 m Tiefe seit 1931 Sole, die über die beiden Gradierwerke mit einem Salzgehalt von 5-6 % rieselt. 

Im Jahre 2008 wurde auf dem „Neuen Gradierwerk“ eine Kokerwindmühle rekonstruiert, mit der früher die Sole auf das Gradierwerk gepumpt wurde. Ein 9,20 m hoher Mühlenkörper ragt seit dieser Zeit über dem Gradierwerk. 

Da dieses Gradierwerk auf einem langen Wall steht hat man einen weiten Blick über den alten Baumbestand, die Teichanlage am Fuße der Saline und dem 1999 angelegten Rudi-Wernemann-Rosengarten. 

Mehr als 3000 Rosen sollen hier gepflanzt sein, die jetzt warm verpackt auf den kommenden Frühling warten. 


Doch es gibt auch in der rauen Jahreszeit Farbtupfer, die den Park verschönern. So gibt es einige Pflanzen, die immergrün sind, ihr Blattwerk also auch im Winter behalten und dafür sorgen, dass der Park etwas farbig aussieht. 

Ein schöner Anblick bietet sich jedoch auch aus der Perspektive des Rosengartens auf die bizarre Dornenwand des Gradierwerks und der Kokerwindmühle. 

Auf den verschiedensten Wegen entdecken wir den heilklimatischen Kurort. So kommen wir nicht nur vorbei an einem Kriegerdenkmal sondern auch an dem Denkmal des Mitbegründers der Rothenfelder Solbad und Salinen AG im Jahre 1852. Bad Rothenfelde würdigt Heinrich Schüchtermann mit diesem Denkmal. Nach seinem Tode floss sein nicht unerhebliches Vermögen in die bis heute aktive Schüchtermann-Schiller'sche Familienstiftung zu Dortmund. 

Diese betätigt sich bis heute im Gesundheitswesen und unterhält unter anderem die Bad Rothenfelder Schüchtermann-Klinik, die nach ihm benannt wurde. 


Dank der Gradierwerke ist Bad Rothenfelde bereits außergewöhnlich attraktiv. Andererseits ist das Baden in Sole für den Körper gut, denn es gibt dem Stoffwechsel und der Durchblutung neuen Schwung und unterstützt Heilprozesse maßgeblich. Darum wurde im Juli 2013 in Bad Rothenfelde eine der modernsten und attraktivsten Thermen Deutschlands eröffnet.

Das „Carpesol“ bietet als Thermal- und Solebad mit seinem einzigartigen Flair auf über 8.000 qm 10 verschiedene Thermal- und Solebecken sowie ein vielseitiges Wellness- und Saunaangebot. Die großzügigen Wasserwelten bieten 3-prozentige sprudelnde Natursole bei 33° C Wassertemperatur.

Bevor wir uns das Ortszentrum näher ansehen, machen wir eine Mittagspause in einem der zahlreichen Restaurants, die sich alle in unmittelbarer Nähe befinden. 

Gut gestärkt und aufgewärmt setzten wir unser Flanieren in dem Kurort fort. Im Herzen der Innenstadt ist vieles renoviert oder neu gebaut worden und das Zentrum bietet sich uns schön und charmant. Das Bummeln durch die Geschäftszeilen macht Spaß und ist abwechslungsreich. Die Salinenstraße ist eine beliebte Einkaufsmeile und ist Verbindung zu den kleinen Shopping-Quartieren und diversen Cafés und Restaurants. 

Das St. Elisabeth Haus, ein markantes Gebäude, liegt direkt an den Salinen. Es ist seit mehr als 140 Jahre ein fester Bestandteil des Kurbades. Gebaut 1873 als Kinderhospital und wurde es seinerzeit von Mauritzer Franziskanerinnen geleitet. 

Die Kapelle des Hauses fungierte bis 1953 sogar als offizielle Pfarrkirche. 

Ab der Jahrhundertwende bzw. zwischen den Weltkriegen und bis in die 1970-er Jahre machte sich Bad Rothenfelde einen Namen als Kinderkurort. 


Gleichzeitig wurde das Heilbad als Erholungs- und Ferienort für Erwachsene immer beliebter. Seit der Übernahme des Hauses durch die Caritas dient das Gebäude als Seniorenerholungshaus und bietet heute Platz für 78 Gäste. 

Bekannt ist Bad Rothenfelde auch für die Vielzahl an Kliniken. Heute haben acht Kliniken mit unterschiedlichen Fachrichtungen dieses Heilbad als Standort ausgewählt und sind weit über die Landesgrenzen von Niedersachsen bekannt. 

Beim Bummeln durch den Ort kommen wir auch über die Brunnenstraße und stehen vor der Jesus-Christus-Kirche. Diese Kirche wurde 1928 eingeweiht. Sie ersetzte eine Kapelle aus dem Jahre 1877, die für die wachsende Zahl der Gottesdienstbesucher nicht mehr ausreichend Platz bot. 

Der Mond macht es sich schon am Himmel bequem, als wir langsam zurück zum Parkplatz gehen. Es war ein Wintertag wie aus dem Bilderbuch, denn wir haben heute hier schon fast Vorfrühling geschnuppert. Doch der Winter kommt bestimmt noch in den nächsten Wochen und dann heißt es wieder aufs Sofa mit warmen Socken und einem dicken Schmöker oder Reisebericht, evtl. von Bad Rothenfelde, denn wir haben beschlossen diesem Kurbad noch einmal zu einer anderen Jahreszeit einen Besuch abzustatten, denn es lohnt sich auf jeden Fall.