Besichtigung der Meyer Werft und Stadtführung in Papenburg

 

Bevor wir im Frühjahr 2010 mit der Aidablu nach St. Petersburg fahren, wollten wir uns die riesigen Kreuzfahrtschiffe der Luxusklasse und deren komplexe Fertigung einmal aus nächster Nähe ansehen. Ein Tagesausflug unseres heimischen Busunternehmers brachte uns im Herbst 2009 vor die Werkstore der Meyer Werft. 

In einem Vorführraum erhielten wir per Film eine Einführung über die Entstehungsgeschichte der Werft. Bereits 1795 nahm die Meyer Werft in Papenburg an der Ems erstmals ihren Betrieb auf. 

Seit über 200 Jahren werden ununterbrochen Schiffe verschiedenster Bauart von den Experten und Spezialisten des Familienunternehmens gebaut und sie verfügt weltweit über die modernsten Anlagen im Schiffbau. 


Seit Mitte der 80er Jahre baut die Meyer Werft Kreuzfahrtschiffe und verfügt heute über zwei der größten Baudocks (500 m) auf der Welt und hat einen ausgezeichneten Ruf für den Bau anspruchsvoller Kreuzfahrtschiffe. Durch den weltweiten Boom der Kreuzfahrttouristik profitiert das Unternehmen und der Bau der Clubschiffe für die AIDA-Flotte sorgt für Beschäftigung und volle Auftragsbücher am Standort Papenburg. 

Nach der Filmvorführung gelangten wir in einen großen Schauraum mit vielen detailgetreuen ca. 2 m großen Schiffsmodellen. Fasziniert waren wir von all den Schiffen mit ihren kleinen Rettungsbooten, Sonnenschirmen und Miniliegestühlen. Hochinteressant ist auch der Modellbau der Werftanlage mit den beiden überdachten großen Baudockhallen. 

Doch viel beeindruckender ist der Blick in das überdachte Baudock II, wo zur Zeit das neue Kreuzfahrtschiff Celebrity Eclipse für die Celebrity-Cruises (USA) entsteht. Wir hatten eine einmalige Sicht und konnten hautnah miterleben, wie die Ozeanriesen in einer beeindruckenden Bauweise zusammengeschweißt und ausgestattet werden. 

Während unseres Aufenthalts schwebte die riesige Schraube des Schiffes an einer Laufkatze und wurde an ihren Bestimmungsort transportiert. 


Beim Bau der anspruchsvollen Kreuzfahrtschiffe wird die Meyer Werft von bis zu 1.800 Lieferanten unterstützt. Viele Firmen aus Nord- und Süddeutschland , vom kleinen Handwerksbetrieb bis zum Großkonzern im europäischen Ausland sind Partner der Meyer Werft. 

Und erst wenn die Mitarbeiter, die nur in Tagesschichten arbeiten, ihre Arbeitszeit beendet haben, kommen die Fremdfirmen am Abend und in der Nacht zum Einsatz. 

So erzählte uns Frau Sellere bei der Werksführung, dass die komplette Kabine als fertiges Bauteil angeliefert wird und nur noch in die passende Öffnung eingesetzt werden muss. Selbst der Teppichboden wird schon in passender Größe mitgeliefert und muss an Ort und Stelle nur noch verklebt werden. 


Auch die Badezimmer werden komplett bei einer Tochtergesellschaft der Meyer Werft gebaut, und hier nur wie ein Baukastenteil eingesetzt. 

Gespannt warteten wir auf den Blick in das Baudock I, denn hier entsteht das neueste Kreuzfahrtschiff der Kussmundflotte, die Aidablu, das Schiff, mit dem wir im Frühjahr 2010 nach St. Petersburg fahren werden. 

Fast schon fertig, stand sie in ihrer ganzen Pracht vor uns. Der Anblick ist umwerfend. 

Die typische Schiffsbemalung mit den leuchtend roten Lippen, von Mundwinkel zu Mundwinkel misst der rote Kussmund von Aidablu ganze 21 Meter und ist damit der größte aller AIDA Schiffe, lachte uns entgegen. 

Wir erfuhren, dass die AIDA Cruises als erstes Kreuzfahrtunternehmen überhaupt die Bugbemalung eingeführt hatte und seit 1996 bringen die Schiffe der AIDA Flotte mit dem roten Kussmund und den blauen Augen Farbe in die Welt der Hochseeschiffe.


 Dabei hat jedes Schiff einen ganz individuellen Gesichtsausdruck. Je nach Form des Schiffsbugs, der Lage der Positionslichter und Ankerluken wird die Bemalung individualisiert und so gestaltet, dass sie auch dreidimensional optimal zur Wirkung kommt. 

Interessiert hörten wir auch den weiteren technischen Erklärungen zu. Es ist unvorstellbar, dass dieses Schiff aus insgesamt 55 Stahlblöcken, die mit modernster Laserschweißtechnik zusammengefügt wurden, besteht. Diese haben zusammen eine Länge von 252 m, (damit sind sie länger als zwei Fußballfelder) und eine Breite von 32,2 m und beherbergen 1088 Passagierkabinen. 


Auf 14 Decks wird alles größer als auf den bisherigen Aidas und sie soll den Gästen an Bord viel Raum für Sport, Wellness und kulinarische Genüsse bieten und auch das große Theatrium als Zentrum des Schiffes, wird nicht fehlen. 

Eine besondere Attraktion und nur auf diesem Schiff, ist die erste bordeigene Brauerei. 

An Bord herrschte während unserer Besichtigung Hektik wie in einem Bienenhaus. Auf allen Decks wurde parallel gearbeitet. Von unserer Aussichtstribüne konnten wir die Arbeiter beim Schweißen und Hämmern erkennen, doch lag sie schon im Wasser und auch der riesige 75 Tonnen schwere Schornstein, der einen Abzug nach außen aufgesetzt bekommen hatte, qualmte schon, denn es wurden zurzeit die vier großen Dieselmotoren getestet. 


Viel Zeit bleibt den Handwerkern ja nicht mehr, doch wir erfuhren, dass die Arbeiten planmäßig verlaufen und im Januar 2010 wird sie erstmals vollständig die Bauhalle verlassen und am 9. Februar 2010 feierlich im Hamburger Hafen von Designerin Jette Joop auf den Namen „AIDABLU“ getauft und geht danach auf Jungfernfahrt. Es war schon beeindruckend, dieses Schiff, mit dem auch wir im Frühjahr 2010 fahren, bereits in der Bauphase besichtigen zu können. 

Bei der weiteren Führung schauten wir uns noch eine Originalaußenkabine mit Balkon an und unsere einhellige Meinung war, hier kann man sich schon wohlfühlen. Zum Schluss besuchten wir noch die Fotoausstellung im Besucherzentrum. Die Ausstellung zeigt ungewöhnliche Perspektiven und spektakuläre Fotos von Kreuzfahrtschiffen, die in Papenburg gebaut wurden, sowie die beeindruckenden Bilder von der Überführung der Aidaluna. Interessante Luft- und Nachtaufnahmen der Luxusliner in den Fertigungshallen sowie neue Bilder vom Leben an Bord der Schiffe runden die Ausstellung ab. Gut zwei Stunden sind wir durch die Meyer Werft geführt worden, doch die Zeit ist wie im Fluge vergangen und der Blick aus dem Besucherzentrum in die beiden gigantischen Baudockhallen gehörte zweifelsfrei zu den beeindruckendsten Erlebnissen. Gern hätten wir noch mehr Zeit auf diesem wirklich interessanten Werftgelände verbracht.

Nach so einem faszinierenden Vormittag ging es nun erst einmal zum Mittagessen, um danach gut gestärkt die sehenswerte kanaldurchzogene Kleinstadt Papenburg zu entdecken. Mit einer Gesamtlänge von mehr als 40 Kilometern prägen die Kanäle mit romantischen Klapp- und Drehbrücken das einzigartige Stadtbild Papenburgs und geben ihr ein unverwechselbares Flair. Denn wo immer man in der Stadt von der einen zur anderen Straße gelangen will, muss man eine der zahllosen Brücken überqueren. Einst als Entwässerungsgräben angelegt, dann als Schifffahrtsweg genutzt, um den abgebauten Torf zu den ostfriesischen Ziegeleien in die Städte Emden, Bremen und Hamburg zu transportieren. Dabei wurden die Lastkähne von Pferden oder Menschen über die Kanäle getreidelt. Heute befindet sich entlang der Kanäle Deutschlands ungewöhnlichstes Schifffahrts-Freilichtmuseum. Originalgetreue Nachbauten jener Schiffstypen, die in Papenburg gebaut wurden, sind in den Kanälen vor Anker gegangen und dokumentieren die lange Schiffbautradition der Meyer-Werft.

 

Zu den schönsten Schiffen gehört zweifellos die Brigg „Frederike von Papenburg“. Sie liegt vor dem 1919 im barocken Stil erbauten Rathaus und beherbergt zugleich den Info-Point der Tourist-Information im Stadtzentrum. 

 

Nicht zu übersehen ist die Meyers Mühle, zwischen Hauptkanal und Stadtpark. Diese Mühle, ein sogenannter „Galerie Holländer“, stammt aus dem Jahr 1888 und wurde 1999 funktionstüchtig restauriert. 


Eine weitere Mühle prägt das Stadtbild in der Wiek. Hier steht die letzte erhaltene Bockwindmühle des Emslandes.

Die Besonderheit dieser Mühle besteht darin, erklärte uns Frau Sellere, dass sie sich drehen lässt und sich damit optimal an die Windrichtung anpassen lässt. 

Weiter ging es mit dem Bus in den Stadtteil Obenende. Hier ließen Papenburger Kapitäne 1848 den achteckigen Turm der St. Michael Kirche in Form des damaligen Leuchtturms von Riga errichten. Er dient als Gedenkstätte der Toten und Vermissten des ersten Weltkrieges. 


Bevor wir das Freilichtmuseum der „Von-Velen-Anlage“, - benannt nach dem Gründer der Stadt Papenburg, Dietrich von Velen, - im Stadtteil Obenende besichtigten, ging es erst einmal gegenüber in das Prunkstück dieses kleinen Feilichtmuseums, in das um 1820 errichtete typische Kapitäns- und Ackerbauhaus „Papenbörger-Hus“. Bei Kaffee und Kuchen bekamen wir einen ersten Eindruck dieses wunderschönen alten Hauses. Mit „Moin“ begrüßte uns unser Museumsführer und mit Spaß und Kurzweil begleitete er uns in die interessante Vergangenheit der ersten Papenburger Siedler.

Wie entbehrungsreich das Leben in den ersten Jahren im Moor war, damals galt:

„Dem Ersten der Tod, dem Zweiten die Not, dem Dritten das Brot“. 

 

 

Wie es sich im Laufe der Jahrzehnte immer mehr verbesserte und welcher Wohlstand schließlich in die Stuben einzog, kann man an den liebevoll restaurierten Gebäuden, von der Plaggenhütte, die Unterkunft der ersten Siedler, über die traditionelle Moorkatte, bis zum typischen Haus eines Torfstechers und Muttschiffers, erkennen. 


Lebensgroße Bronzefiguren wie der Angler und die Wasserträgerin lockern das Bild der Anlage auf. 

Auf dem Von-Velen-Kanal ankert das Torftransportschiff „Angela“ und der frühere Schiffsbau auf Helling (Werft) ist zu bestaunen.


In diesem Freilichtmuseum wird auf eindrucksvolle Weise an die mühevollen Anfänge erinnert, bis der Mensch das lebensfeindliche Moor kultiviert und urbar gemacht hat und wie die ersten Siedler in Papenburg lebten. Es dämmerte schon, als wir die „Von-Welen Anlage“ verließen und wieder in den Bus stiegen. Ein schöner aber vor allem sehr informativer Tag ging hiermit zu Ende.

 

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