Ein Tag auf Zeche Zollern in Dortmund-Bövinghausen

 

Zu kalt, zu nass, zu ungemütlich. Die winterlichen Witterungsverhältnisse haben uns jahrelang davon abgehalten, den November zu Hause zu verbringen. Die Corona-Pandemie hat uns 2020 und 2021 aus den Urlaubsträumen gerissen. Doch lassen wir uns die Stimmung nicht vermiesen und versuchen etwas Abwechslung in den grauen November zu bringen. Die Zeche Zollern, ein stillgelegtes Steinkohle-Bergwerk im Stadtteil Dortmund-Bövinghausen hat uns einen Tag Industriekultur zum Anfassen geboten.

Der Himmel verbarg sich hinter dunklen, grauen Wolkenmassen, als wir auf den Parkplatz des Industriemuseums fahren. Doch bevor wir auf das ehemalige Zechengelände gehen, wollen wir uns erst einmal die alte Zechensiedlung, Kolonie Landwehr ansehen. 

Die Zeche Zollern entstand als Musterzeche der Gelsenkirchener Bergwerks-AG und die Kolonie Landwehr wurde parallel dazu als Mustersiedlung in unmittelbarer Nähe errichtet.

 

Wir beginnen unseren Rundgang auf dem Grubenweg, der zum Werkstor führt. Hier wurde als erstes Gebäude 1898 ein Zweifamilienhaus für Steiger gebaut.


 

 

1900 wurde die Direktorenvilla für den Betriebsführer am Rhader Weg errichtet.

Bis 1904 folgten weitere Mehrfamilienhäuser an diesen beiden Straßen, insgesamt wurden es acht Beamtenhäuser mit 29 Wohnungen. 


Die individuelle Gestaltung war aufwändig; geschweifte Giebel, Erker und Zierfachwerk. Hierarchien zu respektieren gehörte zum Alltag einer Zeche und so stehen die gartenlosen Beamtenhäuser an der Allee. Während die Häuser, in denen die Kumpel lebten, im zweiten Teil der Siedlung am Landwehrbach liegen.

Sie wurden an der Mars-. Venus- und Jupiterstraße, in fünf verschiedenen Haustypen, meist für 4 Familien, mit insgesamt 87 Wohnungen gebaut. Die Grundstücke waren wesentlich größer und boten Nutzgärten und Stallungen zur Selbstversorgung. 

Wir bummeln durch die alte Bergarbeitersiedlung und dabei kommen wir auch am Elternhaus meines Vaters, an der Marsstraße 2, vorbei. Ich kann mich noch gut an diese Siedlung erinnern, denn ich habe meine Großmutter als kleines Kind zusammen mit meinen Eltern in dieser Siedlung besucht. 1983 wurde die Siedlung durch den damaligen Eigentümer Viterra in Zusammenarbeit mit der Stadt Dortmund modernisiert. Bereits 2001 wurde die Siedlung in den Denkmalschutz der Zeche Zollern aufgenommen. Ende 2002 wurden die Wohnungen an die bisherigen Mieter verkauft.

 

Zu der Zechenkolonie gehörte damals wie heute die Trinkhalle Zollerneck. An diesem Kiosk gab es für mich nach dem Besuch bei der Oma immer eine gemischte Tüte, gefüllt mit Süßigkeiten nach Wahl, für den Rückweg nach Do.-Lütgendortmund.

Büdchen gehörten zum Ruhrgebiet. Sie waren Orte zum Einkaufen aber auch ein soziales Zentrum, doch sie werden immer weniger. Dort haben die Arbeiter sich früher nach der Schicht ihr Bier geholt oder am Wochenende die Kinder geschickt. Große und günstigere Lebensmittelketten mit langen Öffnungszeiten haben sie verdrängt.

In Erinnerung an frühere Zeiten hat das NRW-Kulturministerium die Trinkhallen seit Kurzem zum Kulturerbe ernannt. Einige dieser Buden und Traditionen haben bis heute überlebt und werden alle zwei Jahre im ganzen Ruhrgebiet beim „Tag der Trinkhallen“ gefeiert.


Nach solch schönen Erinnerungen gehen wir entlang einer Baumallee der Grubenstraße zurück zum Zechentor. Wie ein Bergmann betreten wir die Anlage durch die Markenkontrolle. Hier nahmen die Arbeiter bei Schichtbeginn eine Marke mit ihrer persönlichen Nummer entgegen und gaben sie nach Verlassen der Zeche wieder ab. Dieses diente früher zur Erfassung der Arbeitszeit und diente gleichzeitig als Kontrolle, falls ein Bergmann verunglückte.

Für uns bedeutete es den Eintritt von 5,00 Euro zu entrichten und die „2 G – Kontrolle“. Danach stehen wir im grünen Ehrenhof der Zeche. 

Um diesen Hof sind im Viereck Bachsteingebäude angeordnet, wie bei einem barocken Schloss. Mit ihren prunkvollen Fassaden und opulenten Giebeln gehört die Zeche Zollern zu den schönsten Zeugnissen der industriellen Vergangenheit in Deutschland. Wegen ihrer außergewöhnlichen Architektur wird das ehemalige Bergwerk auch „Schloss der Arbeit“ genannt. 

Gegenüber dem Zechentor steht als Blickfang die alte Verwaltung, eingerahmt von 2 Fördertürmen. Bei den beiden Fördertürmen handelt es sich nicht um die Originaltürme, weil diese nach der Stilllegung dem Abriss zum Opfer fielen. Zu sehen sind hier die Fördertürme der ehem. Zeche Wilhelmine Victoria aus Gelsenkirchen und der Förderturm der ehem. Zeche Friedrich der Große aus Herne.

Was heute ein beeindruckendes Industriemuseum ist, wurde zwischen 1898 und 1904 vom der Gelsenkirchener Bergwerks AG als Musterzeche errichtet. Sie wurde die größte Zeche im Revier und bestand aus zwei Schachtanlagen, die unter Tage zusammenhingen. Die Schachtanlage I/III in Dortmund-Kirchlinde und die Schachtanlage II/IV in Dortmund-Bövinghausen. 

 

Da verwunderte es auch nicht, dass die Lohnhalle mit ihrem hohen Gewölbe und ihrem Schmuck „Kathedrale“ genannt wurde. Hier erhielten die Kumpel alle zehn Tage ihren Lohn aus einem der Schalter. Die prunkvolle Eingangsfassade der Lohnhalle wurde 1902 errichtet und erhielt zwei Staffelgiebel und zwei Ecktürme mit Zwiebelhauben.


Von der Lohnhalle gehen wir weiter in die Schwarzkaue. Als die Waschkaue der Zeche Zollern gebaut wurde, hatten sich auf den Ruhrgebietszechen Umkleide- und Waschräume für die Bergleute bereits durchgesetzt und so gab es 64 Duschen für die Belegschaft von 1600 Mann, die in drei Schichten arbeiteten. Umkleidebänke und Kauenkörbe, in denen die Straßenkleidung unter die Decke gezogen wurde, sind noch zu sehen. So blieb die Kleidung trocken und niemand kam dran, da der Besitzer es mit einem Schloss sicherte. 

In Zeiten von Corona müssen wir in Innenräumen Maske tragen. Doch haben wir es heute gut getroffen, denn es ist kaum Betrieb und so können wir herrlich entspannt die Dauerausstellung in der Kaue betrachten. Es ist kein Gedränge vor den Fotomotiven, denn wir sind teils ganz allein in der großen Halle. 

Die Ausstellung führt uns zurück in die Entstehungszeit der Zeche und in eine Welt harter Arbeitsbedingungen in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. Durch die vielen Schautafeln, Exponate und Informationsschilder bekamen wir einen guten Einblick über das Leben und Arbeiten in dieser Zeit. Wie es sich anfühlt, einen Abbauhammer in Händen zu halten, konnten wir selbst ausprobieren. Erst durch das Anheben startete ein Infofilm. 

 

Die Ausstellung „Keine Herrenjahre“ rekonstruiert mit Originalexponaten unter anderem aus der Lehrwerkstatt, der Berufsschule und dem Lehrrevier die Stationen der Ausbildung.

Dabei geht es um den Arbeitsalltag der jugendlichen Berufsanfänger, ihre Lebensverhältnissen in der Kolonie, im Lehrlingsheim oder im Pestalozzidorf.

Typisch war die Kopplung von Ausbildungsvertrag, Mietvertrag und Betreuung durch eine erfahrene Bergarbeiterfamilie als „Hauseltern“ oder erfahrenen Erzieher und Gruppenleiter in Lehrlingsheimen.
Diese sollten Geborgenheit und ein Zuhause mit familiärem Charakter bieten, denn die Lehrzeit erfolgte oft fernab von Heimat, Familien und Eltern.

 


Interessant war auch die Ausstellung „wie lebte ein Bergmann mit seiner Familie“? Bei Betrachtung der Originalschaustücke kamen viele Kindheitserinnerungen zurück, von unserer Holzbottich-Waschmaschine, dem Waschmittel Imi und Sil für die Arbeitskleidung und die Wäscheleine mit Holzklammern, die an Waschtagen im Garten gespannt wurde. Den Einkochgläsern im Keller mit der Ernte aus dem eigenen Garten, das erste Radio in der Wohnküche, die Kohlenschütte oder das Grubenholz zum Anzünden des Ofens. 

In einer weiteren Halle befand sich die Lampenstube. Hier wurden vor Schichtbeginn die Lampen an die Bergleute ausgegeben und bei Schichtende wieder zurück gegeben. Zu sehen waren die verschiedensten Handlampen, von Benzinsicherheitslampen bis zu Akku-Lampen. Seit 1929 erhielten Steiger und andere Aufsichtspersonen die sogenannten Akku-Blitzer, die an einem Riemen oder in einer Tasche um den Hals getragen wurden und ein gebündeltes Licht ausstrahlten.

 

Zum Bergbau gehört auch die „Heilige Barbara“.

 

Die hier ausgestellte „Heilige Barbara“ stammte aus dem Grubenwehrraum der Zeche Hansa in Dortmund-Huckarde, geschnitzt von einem ehemaligen Fördermaschinisten.

 

Sie wird als Schutzheilige der Bergleute und Grubenwehrmitglieder verehrt.


In der großen Halle zeigt die Dauerausstellung auch die medizinische Versorgung der Bergleute. Die Verbandsstube der Zeche Zollern wurde 1947 zum Gesundheitshaus ausgebaut. Hier erhielten Bergleute und ihre Familien kostenlose Behandlungen bei Krankheiten.
Es gab dort Untersuchungs- und Therapieeinrichtungen, wie zum Beispiel medizinische Bäder, -höhensonnen und Inhalationsgeräte. Ferner wurden dort die jährlichen Reihenuntersuchungen zur Feststellung von Lungenkrankheiten (Staublunge) durchgeführt. 

Für uns heißt es nun, zurück auf den Ehrenhof, denn wir haben uns für die Besichtigung des „Montanium“ angemeldet, das nur im Rahmen einer einstündigen Führung besichtigt werden kann und zwei Euro zusätzlich zum Eintritt kostet.

Seit Anfang 2020 gibt es diesen künstlich angelegten Stollen, der die Geschichte des Bergbaus unter Tage näherbringt, denn die Originalschächte sind längst verfüllt. In einem ausgebauten Streckenabschnitt auf dem Zechenplatz und dank reichlich echter Maschinen aus einem alten Übungsstollen erfahren wir bei dieser Führung, was es bedeutet, tief unter der Erde, umgeben von Dunkelheit zu arbeiten. 

Wir gehen entlang eines Förderbands in der ausgebauten Strecke, das aus dem Flöz gewonnenes Material transportiert, während ein Hobel als Lichtprojektion am imaginären Kohleflöz entlangfährt. Begleitet wird das alles von lauten Geräuschen, die beim Hobeln entstehen und dem abschließenden Krachen durch das Einstürzen des Gebirges hinter dem Schild. Für einen möglichst authentischen Eindruck wurden Originalklänge unter Tage aufgenommen und mit moderner Technik hier eingespielt. 

Zu den größten Exponaten zählen funktionstüchtige Hydraulik-Schilde. Beim Kohleabbau untertage entstehen Hohlräume, die gegen das darüber liegende Hangende abgestützt werden müssen, um Einbrüche zu verhindern. Der Schildausbau dient daher dem Schutz und der Sicherheit der Bergleute und Förderanlagen.

Viel zu schnell war die einstündige beeindruckende Führung in der Untertagewelt zu Ende und wir stehen wieder auf dem Zechenplatz.

 


Hier muss zur damaligen Zeit reger Betrieb geherrscht haben, denn mit dem Fördern der Kohle war die Arbeit nicht getan. Die Kohle musste in die Wagen geladen und zu den Fabriken, Häfen und Kohlehändlern transportiert werden. 

Zum Glück gab es dafür die Eisenbahn, und so steht auf dem Zechenplatz eine umfangreiche Sammlung an Eisenbahnfahrzeugen und zahlreiche Schienen verlaufen noch auf dem Gelände. 

Zu sehen sind die verschiedenen Lokomotiven, auch Kohlewagons und kleine Loren sowie E-Loks mit Förderwagen, die die Bergleute oft zu den kilometerweit entfernten Arbeitsplätzen unter der Erde brachten. Bei unserem Bummel über das Werksgelände gibt es an jeder Ecke etwas Neues zu entdecken. 

Doch auch eine Pause muss mal sein und so gehen wir zum Mittagsessen in den „Pferdestall“ auf dem Museumsgelände. Einst stand hier ein Bauernhof, dann kam die Schachtanlage Zollern. 

Auch diese Zeit ist längst Vergangenheit, geblieben ist der alte Pferdestall des einstigen Bauernhofes, in dem auf der Zeche früher die Steigerpferde und Kutschen untergestellt waren. Heute, liebevoll saniert, ist es ein gemütliches Restaurant. Statt Gras und Heu gibt es eine leckere deutsche und internationale Küche. 

Der Pferdestall verfügt über 130 Sitzplätze sowie für die warme Jahreszeit Restaurantterrasse und Biergarten. Ein leckeres Essen und dazu die urig im alten Stil gehaltene Dekoration, was will man mehr an einem trüben Tag im November. 

Gut gestärkt fühlen wir uns wieder motiviert zu weiteren Entdeckungen.

 

Direkt neben dem Restaurant befindet sich der Wetterschacht der Zeche. Grubenbewetterung ist etwa so alt wie der Untertagebau.

Die beiden konischen Konstruktionen des Wetterschachts dienten der Frischluftversorgung.

 

Sie führten frische Luft in den Schacht und saugten verbrauchte Luft und schädliche Gase ab. Ferner dienten sie zur Senkung der Temperatur in warmen Gruben. 


Von hier geht es für uns zum Förderturm, der erklettert werden kann. Über einen Treppenaufgang gehen wir ins Schachthaus. Auch hier wird uns wieder die Arbeit der Bergleute näher gebracht. So stehen wir vor der Kippeinrichtung für Förderwagen – Entladekreisel -. Nachdem die Kohle in Förderwagen zutage kam, wurde sie zur Sortierung über ein Schienensystem weitertransportiert und durch eine Kippeinrichtung auf das Fließband der Lesestation entleert. 

An diesem Band wurden viele Millionen Tonnen Kohle vom Gestein getrennt. Die Arbeit am Leseband wurde teils von Bergjungleuten durchgeführt, denn erst die 16jährigen durften unter Tage eingesetzt werden. So war das Leseband für die meisten Berufsanfänger die erste, verhasste Station und dort konnten sie für ihren späteren Beruf nur wenig lernen. Sie standen seitlich am Leseband, lasen die Fremdstoffe vom Band und warfen sie sortiert in die hinter ihnen stehenden Förderwagen.
Am Ende des Bandes fiel die Stückkohle in darunter stehende Eisenbahnwagen zum Abtransport. Die Arbeit am Leseband war schmutzig und wegen der ständig gebückten Arbeitshaltung sehr anstrengend und die Belastung durch Lärm und Staub war enorm.

Etwas weiter stehen wir vor der Seilschaft, hier ging es für die Bergleute mit dem Förderkorb hinab – eine Art Fahrstuhl in die Tiefe. Bei der Seilfahrt wurden hohe Sicherheitsanforderungen an die betroffenen technischen Einrichtungen gestellt. Des Weiteren durfte der Förderkorb bei der Seilfahrt nur mit einer deutlich niedrigeren Fahrgeschwindigkeit bewegt werden, als bei der Kohleförderung. Die Fahrtgeschwindigkeit bei der Seilfahrt war je nach Anlage unterschiedlich geregelt und lag zwischen 10-12 Meter in der Sekunde.

Was muss das wohl für ein Gefühl gewesen sein, bei solch einer Geschwindigkeit in dem Förderkorb in die Tiefe zu rauschen? Bei der Anfahrt wurden die Bergleute nach Steiger-Revieren zusammengefasst und fuhren gemeinsam an und am Schichtende auch wieder aus. Das hatte den Vorteil, dass alle Bergleute geschlossen an ihrem Arbeitsplatz ankamen. 

Auf der Zeche Zollern mussten die Bergleute 1899 in einer Tiefe von 139 m in den Flöz Präsident. Später wurde der Schacht bis zur 3. Sohle in 282 m Tiefe abgeteuft. Bis zum Ersten Weltkrieg wurde hauptsächlich von der 3. Sohle gefördert. In den Jahren 1921 und 1942 wurde der Schacht weiter ausgebaut und am 17. März 1942 hatte man eine Tiefe von 649,5 m erreicht. 1958 wurde die 7. Sohle bei einer Tiefe von 683 m aufgefahren. 

 

Nun geht es für uns auf den 35 Meter hohen Förderturm, durch welchen die Bergleute in den Schacht einfuhren und die Kohle aus der Erde geholt wurde. Der Turm ist bis zu den Seilscheiben zugängig. Es kostet schon ein bisschen Überwindung, auf den außenliegenden Stahltreppen des Förderturms hinaufzuklettern. Von Ebene zu Ebene gehen wir hinauf und dabei ist das Anfassen am Handlauf feucht und kalt.

 


Als Belohnung für die Überwindung gab es einen prächtigen Panoramablick über das gesamte Museum. Wir sehen aus der Vogelperspektive den großen Zechenplatz mit den Bahntrassen und dem Zechenbahnhof, den verschiedenen Lokomotiven und Güterwagens und die alten Backsteingebäude mit Giebeln und Zwiebeltürmchen. Auch ein Blick von Förderturm zu Förderturm durfte dabei nicht fehlen. 

Reichlich durchgefroren stehen wir nach dieser Kletterpartie wieder auf dem Zechenplatz.

Als letztes Highlight haben wir uns die alte Maschinenhalle aufgehoben. Sie ist das größte einzeln stehende Gebäude der Zechenanlage. Der Erhalt des Vorzeige-Baus aus Stahl und Glas rettete 1969 nicht nur die gesamte Anlage, sondern markiert gleichzeitig auch den Beginn der Industrie-Denkmalpflege in Deutschland. Zur Ikone wurde die Maschinenhalle, die von 2009 bis 2016 aufwendig restauriert wurde und das berühmte Jugendstilportal mit seiner farbigen Verglasung. Ein solches Portal gibt es kein zweites Mal in einem Industriebau in Europa.

 

Am 6. November 1987 erschien im Rahmen der „Briefmarkenserie Sehenswürdigkeiten“ eine Briefmarke mit dem Motiv des Portals der Maschinenhalle. Die Briefmarke hatte einen Markenwert von 80 Pfennig. 


Wir steigen die Treppe hoch, die uns in eine riesige Halle bringt.

Beeindruckt blicken wir uns in der alten lichtdurchfluteten Maschinenhalle um.

Die 1903 fertiggestellte und 1968 stillgelegte Maschinenhalle war Energiezentrale und Fördermaschinengebäude.

Ins Auge fällt uns sofort die gegenüberliegende 19 Metern lange Schalttafel mit ihrer Vielzahl von Originalinstrumenten und der großen Jugendstil-Uhr.

Die Schalttafel diente der Steuerung und Kontrolle der gesamten Elektrizitätswirtschaft auf Zollern und war das „Nervenzentrum“. An ihr arbeitete der Schalttafelwärter, der eine hohe Verantwortung trug. Ihre zentrale Positionierung unterstreicht die herausragende Bedeutung. 


Vor der Schalttafel steht noch heute der original erhaltene Maschinenpark, der um die Jahrhundertwende zum modernsten der Welt zählte. Von großer Bedeutung ist die Tatsache, dass auf Zollern erstmals alle wesentlichen Maschinen, Generatoren, Kompressoren, Umformer und auch die Fördermaschinen, elektrisch betrieben wurden. Der Strom wurde ursprünglich in eigenen Generatoren erzeugt, die leider heute nicht mehr vorhanden sind.

Die zweimotorige Fördermaschine, die 1902 erbaut und 1903 in der Maschinenhalle installiert wurde, bewegte die Förderkörbe, mit denen die Bergleute, die Kohle, das Versatzgut und das Material im Schacht II transportiert wurden. Sie war die erste große elektrische Fördermaschine weltweit. Mit ihr begann die Ablösung der bis dahin im Bergbau verwendeten Dampffördermaschinen. 

Ihre starken Seile führen noch heute aus der Maschinenhalle, über den Zechenplatz hinüber zum Förderturm bis zu den Seilscheiben. Wir waren begeistert über den erhaltenen und aufgearbeiteten historischen Maschinenbestand, der einzigartig in Deutschland sein soll.

 

Zum Ende unseres Rundgangs besichtigen wir noch die „alte Verwaltung“.

 

Auch hier stehen wir wieder in einer großen verzierten Halle. Eine schöne ausladende Treppe führt in die erste Etage. Hier hatten die „Kopfarbeiter“ und die früheren Direktoren ihre Räumlichkeiten.

 

Viele alte Fotos geben uns auch hier noch einmal Einblick in das Leben eines Bergmanns. Die historischen Räumlichkeiten in der Lohnhalle und in der „alten Verwaltung“ gehören zu den interessantesten Trauorten in Dortmund und in der Region. 


 

An einen Grubenbrand, an dem 44 Bergleute zu Tode kamen, erinnert ein aufgestellter Grabstein.

 

Entfacht wurde der Grubenbrand durch eine Öllampe am 22.Mai 1898, auf Zollern I. Damals gab es auf dieser Zeche erst einen einzigen betriebsfähigen Schacht, der zur Kohlenförderung, Seilfahrt, Bewetterung und Wasserhaltung diente. Der zweite Schacht der Anlage war noch nicht betriebsbereit.

Dieses Dilemma verhinderte die Flucht der eingeschlossenen Bergleute und erschwerte die Rettungsarbeit.

 

In den Jahren des Bergbaus gab es immer wieder Grubenunglücke. Unter dem Druck dieser Ereignisse kümmerten sich die Konzerne verstärkt um Grubenrettungswesen, Sicherheitskontrollen und Sicherheitstechnik. Die Zechenfeuerwehr wurde die Keimzelle der Grubenwehr. 


Zum Abschluss unseres Aufenthalts geht es für uns noch einmal in den „Pferdestall“. Biergarten und Gaststädte haben bereits die abendliche Beleuchtung. Mit einem zweiten Pärchen sind wir die einzigen Gäste, die sich am späten Nachmittag mit Kaffee und Kuchen für die Rückfahrt stärken. 

Das Tageslicht schwindet früh. Das Eingangsportal, die Wege, der Vorplatz und die umliegenden Gebäude sind schummrig beleuchtet und es ist kalt, als wir zurück zu unserem PKW gehen.

Alles in allem war es ein sehr lohnender und interessanter grauer November-Tag. Ein Glück, das die Zeche – anders als geplant – nach ihrer Stilllegung nicht abgerissen wurde. So konnte ich nach 60 Jahren die Kindheitserinnerungen auffrischen und für einen Tag in die Welt meines Großvaters eintauchen. „Glück auf!“

 

>> zurück zu Ausflugsziele <<