Fahrradtour nach Beckum und zurück.

 

Urlaub unter Palmen? In diesem Jahr ausgeschlossen, doch trotz allem wollen wir den Sommer genießen. Und da in Zeiten von Corona kein Individualverkehrsmittel hygienischer und gesünder ist, radeln wir mit unseren schnellen und komfortablen E-Bikes auf einsamen Feldwegen rund um unsere Heimatstadt. 

Kurz nachdem wir unseren Ort verlassen haben, kommt bereits das perfekte Urlaubsfeeling auf, denn um uns herum blüht und gedeiht es. Der Klatschmohn sowie die Kornblumen zieren wieder die Ränder der Kornfelder, wie zu unseren Kindertagen. Wir können uns noch gut an Zeiten erinnern, an denen die Feldränder „unkrautfrei“ waren, denn die landwirtschaftlichen Betriebe wollten solche „Schmarotzer“ nicht auf ihren Feldern haben. Doch seitdem der Mensch Ackerbau betreibt, ist die Mohn- und Kornblume ein ständiger Begleiter von Getreidefeldern. Ihr gehäuftes Auftreten am Rande von Kornfeldern hat der Kornblume bereits im Mittelalter ihren Namen verliehen. Heute finden wir sie wieder die roten und blauen Blüten und sie sind einfach wunderschön.


 Auf unserem Weg Richtung Ahlen spielt auch die Heugewinnung eine wichtige Rolle. Trocknes Wetter ist eine wichtige Voraussetzung um gutes Heu zu ernten.

Aufgrund der warmen Temperaturen und der bereits langen Trockenheit ist es für die Bauern auch in diesem Jahr kein Wettlauf mit dem Wetter. Damit das Gras gleichmäßig und schnell trocknet, beobachten wir die Bauern, die mit ihren Traktoren das Gras wenden, damit das Heu gut durchlüftet und nachtrocknen kann. 

Bei unserer Fahrt durch die weiten Felder sehen wir bereits in der Ferne das Industriedenkmal und Wahrzeichen der Stadt Ahlen, denn der kugelförmige Wasserhochbehälter auf dem insgesamt 44 Meter hohen Stahlfachwerk-Gerüst ist weithin sichtbar.

Bis 1982 wurde der Wasserturm an der Guissener Straße benötigt und diente zur Wasserversorgung der Zeche Westfalen und der Bergarbeiterkolonie.

 

Der kugelförmige Wasserhochbehälter hat ein Fassungsvermögen von 1000 m³. Durch die Initiative des Stadtheimatpflegers Ludger Schulte wurde zum Glück der von der Gelsenwasser AG beantragte Abriss nach der Stilllegung verhindert. Seit diesem Zeitpunkt steht der „blaue Turm“ unter Denkmalschutz.


 Für die meisten Ahlener ist der Wasserturm nach seiner Restaurierung mehr als nur ein historisches Beispiel für die Entwicklung in der Wasserversorgung und Niettechnik zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Er ist ein Wahrzeichen der Stadt Ahlen geworden und durch seinen blauen Anstrich ist er weit über die Stadtgrenzen hinaus erkennbar.

 Ab hier geht es auf den Werse-Radweg. Er verläuft auf 125 km durch das südliche Münsterland, mal direkt entlang der Werse, mal weiter etwas abseits durch die von der Werse geprägte Landschaft. Für unsere heutige Tour haben wir uns das Stück zwischen Ahlen und Beckum ausgesucht. 

Dieses Teilstück wurde aufwendig renaturiert und man kann dort die Natur in Ruhe beobachten. Der Radweg schmiegt sich in eleganten Kurven dem Verlauf des Flüsschens an und lädt zum Genießen und Verweilen ein. Dieses 10 km lange Teilstück ist landschaftlich einmalig und auf der Strecke gibt es kaum kreuzenden Verkehr. 

Nur ein paar Fahrradfahrer und Fußgänger sind an diesem Wochentag hier unterwegs. Wieder einmal konnten wir nicht wiederstehen und zücken an vielen Stellen der Strecke den Fotoapparat.

Klick, klick und schon ist ein tolles Foto im Kasten.

 

Der Radweg führt uns auch direkt an einer Wiese vorbei. Hier hat es sich eine Schafherde im Schatten der Bäume gemütlich gemacht. Schafe sind ausgesprochene Herdentiere und wir können ihr Sozialverhalten in Ruhe beobachten.

 

Da auf dem Werseradweg auch in regelmäßigen Abständen Bänke oder sogar Rastplätze angelegt sind, genießen wir gerne an diesem kleinen Flußlauf unser mitgebrachtes Lunchpaket, bevor wir in den Stadtkern von Beckum radeln. 


Der Radweg bringt uns direkt in den Westpark. Er liegt im Herzen von Beckum und ist das Naherholungsgebiet der Stadt. Schön angelegte Wege laden Spaziergänger ein und bieten freie Sicht auf den kleinen Ententeich mit Fontäne. Außerdem steht hier das Kriegerehrenmal in Form eines offenen Rundtempels. Es wurde zu Ehren der gefallenen und vermissten Soldaten der beiden Weltkriege gebaut. Die Kuppel wird von 8 Sandstein-Säulen getragen. Auf der Kuppel befindet sich ein goldenes Kreuz auf einer Kugel. Unter der Kuppel steht der Gedenkspruch: "Heimatdank schuf diese Stätte, dass sie Helden und Heimat verkette." 

Angrenzend am Westparkt steht die ehemalige St. Martins Kirche. In dem früheren Gotteshaus ist nach entsprechenden Umbaumaßnahmen der Martins-Kindergarten eingezogen und damit blieb das Gebäude für die Nachwelt erhalten. 

Nun radeln wir in das Herzstück der Stadt, die Weststraße. Vor der Hauptgeschäftsstelle der Sparkasse befindet sich eine Brunnenanlage mit der Skulptur der „bronzenen Schönen“. Es ist ein lauschiges Plätzchen zum Ausruhen. 

Doch genau so anziehend wie die Brunnenanlage sind auch die „Beckumer Steine“.

Die phantasievoll verzierten bunten Steine zieren die niedrige Brunnenmauer.

 

"Bitte liegen lassen!" steht auf einer Schiefertafel und bemale doch zu Hause einen Stein und lege ihn an das Ende der Steinschlange. 


Schade, dass wir nicht mehr sehen können, wie lange die Schlange der leuchtenden Steine in der Corona-Zeit wird! Doch egal wie viele es werden, alle senden die Botschaft „Mut“ aus. 

 

Wir stellen unsere Fahrräder ab und machen eine Pause in der Außengastronomie eines Cafés. Aufgrund der Lockerungen in der Corona-Pandemie haben Lokale wieder ihre Türen geöffnet – wenn auch mit einigen Einschränkungen

Draußen sitzen mit Abstand zu den Nachbartischen, Anwesenheitsliste und Mundschutz, sobald man die Innenräume der Gastronomie betritt – Corona hat vieles verändert. Doch der Erdbeerbecher schmeckt noch genau so lecker.

Bevor wir den Ort wieder verlassen, radeln wir noch an der Christuskirche vorbei. Als 1883 der Grundstein für den Kirchenbau gelegt wurde, feierte man gerade den 400. Geburtstag Martin Luthers. Deshalb trug die evangelische Kirche bei der Einweihung 1884 auch zunächst den Namen Luther-Kirche.

1936 wurde die Kirche nach nur 52 Jahren wegen Baufälligkeit geschlossen: Erst ab 1950 konnte die Kirche renoviert werden. Dabei wurde sie gleichzeitig erweitert und erhielt bei der Neueinweihung 1951 den Namen Christus-Kirche. 


Bei unserer Weiterfahrt spielt die Natur wieder die Hauptfigur. Eine etwas hügelige waldreiche Strecke auf überwiegend asphaltierten und gut befestigten Radwegen, entlang mehrerer Eichenalleen, bringt uns nach Lippborg. Auf dieser Strecke sind immer wieder Warnschilder aufgestellt, die die Spaziergänger oder Radfahrer auf den Eichenprozessionsspinner aufmerksam machen und man soll einen Bogen um die Eichen machen. Dieser „EPS“ hat giftige Raupenhaare, die bei Menschen-Kontakt zu üblen und scherzhaften Hautreizungen und –Verbrennungen führen können. 


 

Mit einem mulmigen Gefühl aber unbeschadet sind wir nach 1 Stunde in Lippborg angekommen.

 

Hier gibt es wieder ein Päuschen und wir trinken auf der Terrasse des Cafe Goldstein noch einen Cappuccino. Das Cafe liegt direkt auf dem Gelände der Bekleidungsfabrik Bessmann und hatte heute, nach der Schließung in der Coronakrise, den ersten Tag wieder geöffnet.

 

Auch hier gilt, wie zurzeit überall, Registrierung und Mundschutz im Innenraum.

Von vielen Stammkunden hörten wir, wie erfreut sie über die Öffnung waren und genießen wie wir die Freude am Kaffee- und Kuchen. 


Mit neuem Schwung starten wir nun unsere letzte Etappe, die uns entlang des Südufers der Lippe zu den Auewiesen der Disselmersch führt. Viele kleine Teiche erstrecken sich in den Auewiesen. Von unserem Fahrradweg weicht ein kleiner Feldweg ab und von dort aus führt ein kurzer Fußweg einen Hügel hinauf zu einer Beobachtungshütte.

Aufgrund der besonderen ökologischen Bedeutung der Lippeaue wurde ein rund 600 Hektar großer Abschnitt von der Europäischen Union geschützt. Die weiten Grünlandflächen und Gewässer werden bei Hochwasser komplett überströmt. Da der Wasserstand aufgrund der zurückliegenden regenarmen Monate jedoch stark gesunken ist, bleiben zurzeit nur kleine Teiche und feuchte Senken, die von zahlreichen Vogelarten als Rastplatz genutzt werden. 

Während der Zugzeiten in den Monaten März bis Mai und August bis Oktober ist in den Auewiesen der Disselmersch tierisch viel los und man hat von dieser Schutzhütte die Tiere das ganze Jahr über im Blick. 

Seit 2010 brütet ein Weißstorchpaar auf einem Masten nah an der Beobachtungshütte. Gegenseitig begrüßen sich die Partner am Horst mit lautem Geklapper. Wir haben einen der Vögel beim Anflug auf das Nest beobachtet, doch mit der Kamera waren wir leider nicht schnell genug.

So setzen wir leicht enttäuscht unsere Fahrradtour fort und werden durch Hinweisschilder wieder an den Eichenprozessionsspinner erinnert. 


 

An der Kreuzung Schulstraße / Brauckstraße kommen wir dann am Heimathaus Vellinghausen/Eilmsen vorbei.

 

Der Verein wurde 1987 gegründet und hat heute sein Domizil im Heimathaus, dem ehemaligen Gerätehaus der Freiwilligen Feuerwehr. Es ist ein Haus für das ganze Dorf.

 

Auch hier steht ein stattliches Exemplar einer Eiche und die Bank unter dem Baum ist sicherheitshalber wegen der lästigen Raupen abgesperrt.

 

Ja die Liste der Quartiere der „EPS“ ist auf unserer Fahrradtour sehr groß. 

 


Bei Vellinghausen am Eilmsener Wald kommen wir an das noch heute deutlich erkennbare alte Brückenfundament für den Kanalbau aus dem Jahr 1932 vorbei.

Nach einigen kräftigen Tritten in die Pedale sehen wir das Kohlekraftwerk Westfalen rechts neben uns liegen. Es ist ein kohlebefeuertes Großkraftwerk und besteht aus einem 2014 neu errichteten Block E mit 800 MW. 

Ein ebenfalls neu gebauter Steinkohleblock D wurde aufgrund schwerwiegender technischer und wirtschaftlicher Probleme im Jahre 2015, noch in der Inbetriebnahmephase, stillgelegt. 

Unsere Fahrt geht weiter einige Kilometer entlang des Dattel-Hamm-Kanals. Er verläuft parallel zur Lippe durch eine landschaftlich reizvolle Landschaft. Doch folgen wir seinem Lauf nicht bis nach Hamm, sondern biegen noch einmal in das Naherholungsgebiet Geithewald ab. 

Es ist ein etwa 100 Hektar großer Grüngürtel im Nordosten von Hamm. Das Wegenetz ist weit verzweigt und führt durch ein vogelkundlich interessantes Gebiet und eine Vielzahl an Singvögel ist zu beobachten und zu hören.

Viele Sternmieren-, Eichen- und Hainbuchen prägen dieses Wandstück.

 

Mit schönen Fotos im Gepäck bringt uns unser E-Bike nach 58 km rund um unsere Heimatstadt wohlbehalten zurück nach Hause. Trotz Corona und Raupen hatten wir bei herrlichem Sonnenschein einen entspannten Ausflugstag.