"Skulpturenradweg Wegemarke" Möhnesee
 

Beim Suchen einer außergewöhnlichen Radtour bin ich im Internet auf den "Skulpturenradweg Wegemarken" zwischen der Stadt Soest und der Gemeinde Möhnesee gestoßen.

Der komplette Skulpturenradweg besteht aus 12 Skulpturen, die im Rahmen einer Künstlerinitiative als Wegmarken in dem Zeitraum von 1998 - 2013 aufgestellt wurden. Die von verschiedenen Künstlern aus der Region und Umgebung stammenden Skulpturen sollen einen Bezug zur heimischen Landschaft sowie zur lokalen Geschichte darstellen.
Der Radweg ist etwa 60 km lang und wird überwiegend auf gut befahrbaren Fahrradwegen des Kreis Soest geführt.
Im früheren Wehrmachtsbereich gibt es kurze Schotterwege die Ungeübte mit Vorsicht befahren sollten.

Für uns hieß es also zuerst einmal die Fahrräder wieder auf den Fahrradträger und ab geht es mit dem Auto von Hamm nach Soest.
Da wir uns hier ganz gut auskennen, haben wir auch sofort und fast neben der Fahrradstrecke einen Parkplatz gefunden.

Die Räder wieder runter vom Träger und fünf Minuten später erreichen wir auch schon am Aldegreverwall die Stadtumwallung von Soest.


Rund vier Kilometer lang sind die noch gut erhaltenen inneren Wälle.


 

Durch ein Tor kommen wir in die Gräfte, durch der man auf Rad- und Spazierwege fast die ganze Stadt umrunden kann.

 

Hier treffen wir auch schon auf das erste Kunstwerk unserer heutigen Radtour, den "Schäfer" von Karl Düttmann, eine aus Anröchter Dolomit gefertigte, 1,60 Meter hohe Skulptur.

 

Der mit nackten Füssen dastehende Schäfer trägt in der rechten Hand seinen Schäferstab und auf dem Kopf einen runden Hut ohne Krempe. 


Entlang des Wiesengrabens verlassen wir nun den Ortskern von Soest und es geht vorbei an bunten Wiesen und Kornfeldern zur ersten Wegemarken-Skulptur mit dem Namen "Durchblick" von Kirsten und Peter Kaiser an der Straße "Alter Ruploher Weg" bei Soest, in der Nähe der Autobahnbrücke über die A44.

Ein Kunstwerk, aussehend wie ein Autobahnschild. Oberhalb des Zitates "You see what you Know" von Frank Stella befindet sich eine ausgeschnittene Gedankenblase, durch die man hindurchschauen kann. Sie soll den Freiraum zum Denken geben, oder nur um in den Himmel oder in die Landschaft zu schauen.

Vorbei an Ruploh und Deiringsen erreichen wir am Wippringser Weg, einen verwunschen Ort, den Freistuhl - Femegericht bei Büecke.
Jahrhundertelang wurde am Freigericht, der so genannten „Feme“, Recht über Verbrechen gesprochen. Die Rechtsprechung unter Bäumen, wie dieser alten Linde, hat eine lange Geschichte. Schon die alten Germanen sprachen unter Linden Recht.
Die Linde wurde früher als heilig verehrt, denn man glaubte damals, dass unter diesem heiligen Baum immer die Wahrheit ans Licht käme. Oft aber wartete hier auf den Beschuldigten der Tod durch den Strick.


Wir folgen dem Wippringser Weg nach Büecke und biegen dort links auf die Körbecker Straße ab.

Nach ca. 150 m geht es dann weiter in Richtung Weidelandschaft Kleiberg. Bis 2004 wurde das rund 230 Hektar große Naturschutzgebiet hier bei Büecke noch als Truppenübungsplatz genutzt.

Hier finden wir dann auch unsere Wegemarke "Bodenfaltung" von Ekkehard Neumann. 

Der Künstler schreibt über seine Skulptur, man kann es an der nebenstehenden Tafel lesen: Meine Arbeiten sind u.a. von dem Gedanken geprägt, dass derjenige, der eine Skulptur in der Landschaft erlebt, diese so wahrnimmt, als wäre sie an der Stelle, an der sie sich befindet, seit langer Zeit selbstverständlich verortet ...

Anschließend geht es über alte Betonwege in das Naturschutzgebiet Kleiberg. Bei diesem NSG handelt es sich um den ehemaligen Standortübungsplatz der belgischen Garnison in Soest. Bereits 1912 wurde hier der Exerzierplatz der ehemaligen Garnisonstadt Soest gebaut.

Heute ahnt man kaum noch etwas davon, dass hier in dieser idyllischen und friedlichen Landschaft vor wenigen Jahren noch Panzer fuhren und scharf geschossen wurde. 

Zwischen den schluchtartigen Trockentälern, sogenannten Schledden, befindet sich jetzt eine riesige Ganzjahresweide, auf der halbwilde Pferde und Rinder die Aufgabe der Panzer übernommen haben.

Durch das Naturschutzgebiet führt heute auf Rundwegen durch Wald und Weide ein ausgebautes Wegenetz. Kurze Schotterwege sind für Ungeübte aber nur mit Vorsicht zu befahren.

Mitten durch das Gebiet geht auch der alte Handelsweg zwischen Körbecke und Soest, der uns Radfahrern heute als Verbindung zwischen dem Möhnesee und der Stadt Soest dient.

 

Kurze Zeit später, an der Wegegabelung Huerweg, Kreesweg, Königstraße zwischen Lendringsen, und Berlingsen, stehen wir auch schon vor der nächsten Wegemarke, „Kontur“ von Ulrich Möckel.

 

Der Stamm eines Lindenbaumes im Ort Berlingsen ist der Ausgangspunkt dieses Werkes. Linden flankieren am südlichen Ortsrand von Berlingsen das Ehrenmal und sind hier als Baumdenkmäler, besondere Bäume im öffentlichen Raum und zählen zur Tradition des Dorfes.

 

Die Linde rechts vom Ehrenmal hat Ulrich Möckel ausgewählt und die Umrisslinie des gewachsenen Stammes diente ihm als Vorlage für die Skulptur, die aus Cortenstahl angefertigt wurde. Vertikal aufgestellt bildet sie nun eine Wegmarke in der Landschaft.


Weiter geht es in Richtung Berlingsen. Die Wegemarke "Himmelskörper" von Manfred Billinger am Oesterweg können wir uns leider nicht ansehen. Sie steht auf dem Privatgelände des Island-Pferdehofes Jungblut. Besucher der Wegmarke müssen sich hier vorher telefonisch anmelden.

Dafür stehen wir aber etwas später vor einem weiteren Kunstwerk von Manfred Billinger, der Wegmarke „Ring der Kraft“. Entstanden ist diese mehrteilige Skulptur ebenfalls im Rahmen des Wegmarken-Projektes 1998 - 2001. Sie steht an einem Waldrand auf einer Wiese gelegen kurz vor dem kleinen Ort Bergede. 

Der Ring der Kraft ist eine Anlage von acht Skulpturen in einem Kreis mit einem Durchmesser von circa 18m. Im Zentrum des Kreises befindet sich eine Feuerstelle. 

Vier Objekte sind aus korrodiertem Stahl und sollen im weitesten Sinne als das Rad des Lebens verstanden werden, Frau und Mann, Tag und Nacht als Ausdruck unterschiedlicher energetischer Qualitäten.

Vier weitere Objekte sind aus verzinktem Stahl und repräsentieren eine andere Bedeutungsebene. Die Formen sind nicht eindeutig interpretierbar und entziehen sich einer rationalen Deutung.  Es soll eher den Betrachter das Gefühl geben, in die Welt der Mythen geführt zu werden.

Weiter führt uns der Weg am idyllischen und landwirtschaftlich geprägten Dorf Bergede vorbei bis wir etwas später auf den Pengel-Anton-Radweg, auch Kiepenkerl-Radweg genannt, stoßen. Dieser Radweg führt über rund 30 km von Brilon bis Soest.

Bis in die 1960er Jahre fuhren auf dieser Strecke Personenzüge. Wo früher Schienen lagen, kann man heute mit dem Fahrrad eine abwechslungsreiche Mischung aus Feldern, Wäldern und Auen, ruhige Landschaft bewundern. 

Hier auf dem Kiepenkerl-Radweg, kurz hinter Echtrop, kommen wir auch zu der Wegmarke „Fern-seh-en-de“ von Stephen Lawson. Diese Wegemarke besteht aus drei Skulpturen. Alle drei Kunstwerke sind vom Künstler aus dem berühmten Grünsandstein, der vor allem die historischen Bauten der Hansestadt Soest prägen, hergestellt worden.


Wer so wie wir heute auf diesem Weg radelt, der kann hier gut eine Pause einlegen und es den Fern - seh - en - den gleichtun und den  fantastischen Panoramaausblick ins Möhnetal genießen.

Eigentlich sollte es jetzt zur Wegmarke „Kubus“ nach Möhnesee-Völlinghausen gehen. Diesen Umweg wollen wir uns heute aber sparen und fahren direkt über Stockum nach Körbecke, wo wir eine größere Pause einlegen wollen, um dann weiter zur Speermauer zu fahren. Kurz hinter Stockum haben wir den ersten schönen Blick auf den Möhnesee.

Etwas später erreichen wir dann auch schon den Pankratiusplatz, die Ortsmitte von Körbecke. Vor vier Jahren, bei unsrer Radtour rund um den Möhnesee, ebenfalls im Juli standen wir hier an der gleichen Stelle und blicken auf das denkmalgeschützte Kirchengebäude der katholischen Pfarrkirche St. Pankratius. 

Für eine Rast radeln wir aber dann doch zu dem etwa 500 Meter entfernten Seepark von Körbecke. Der zwischen 2014 und 2016 erneuerte Seepark ist nach der Möhnetalsperre der wohl größte Anziehungspunkt am Möhnesee. 

Unzählige Bänke und die Stufen am Wasser laden zum Verweilen ein und geben den Blick zum Möhnesee und dem gegenüberliegenden Südufer frei. Da die Außengastronomie hier überall überfüllt ist, nehmen wir unsere mitgebrachten Sitzkissen aus dem Fahrradkorb und suchen uns für eine Rast einen schattigen Rasenplatz unter einem Baum aus.

Vorbei an Delecke mit Blick auf die Delecker Brücke geht es nun zur Speermauer der Möhnetalsperre. Hier finden wir auch, neben der Sperrmauer, in der Nähe des Schiffsanlegers die nächste Wegmarke „Regen bei Sonnenschein“ von Horst Rellecke.

Diese Wegmarke hat das Aussehen einer Stahlwolke, mit der es der Künstler dank Fotovoltaik-Module, die eine Pumpe antreiben, an sonnigen Tagen regnen lässt.

 

Nach einem ausgiebigen Fotostopp hier an der Sperrmauer beginnt für uns nun der Rückweg nach Soest. Zuerst einmal rund einen Kilometer zurück bis zum Hotel Haus Delecke, wo wir dann links auf den Radweg in Richtung Westrich abbiegen. Von der Lüttke Heide werfen wir nochmals einen letzten Blick zurück auf den Ort Delecke mit dem Möhnesee im Hintergrund.

Etwas weiter am Kirchweg treffen wir dann wieder auf eines der zahlreichen religiösen Kleindenkmäler, die hier an den Straßen zwischen Soest und dem Möhnesee stehen. Diese kleinen Denkmäler, an denen man meistens achtlos vorüberfährt, werden bereits seit dem Mittelalter an Straßen und Wegkreuzungen und an Wald- und Feldrändern errichtet und sind typisch für diese ländliche Region.

10 Minuten später durchfahren wir das kleine Dorf Theiningsen, es liegt am Nordrand der Gemeinde Möhnesee auf der Haar. Sehenswert ist hier die Dorfkapelle St. Agatha an der Thingstraße, sie ist ein liebevoll gepflegtes Kleinod hier im Ortsteil. 

 

Sie gehört aber nicht einer Kirche, sie gehört der Dorfgemeinschaft.

Fünf Jahre lang haben hier die Theiningser Bürger (ein 1960 gegründeter Kapellenbauverein) in Eigenregie diese Kapelle aufgebaut. An fast gleicher Stelle, wo von 1728 bis 1959 ebenfalls eine Kapelle stand, die wegen maroder Bausubstanz aber abgerissen wurde.

 

Seit 2007 steht vor der Kapelle ein Gedenkstein: Erinnerung an den Heimattag Günne-Theiningsen und Erinnerung an die Vorgängerkapelle in Theiningsen.

 

Erhalten aus der alten Kapelle ist nur die letzte Glocke, sie läutet noch heute im Turm des Neubaus.


Am Ortsrand von Theiningsen, am Wierlauker Weg befindet sich das Wegmarkenprojekt "Millennium Mamma“ des Soester Künstlers Richard Cox.

 

Der Künstler selbst schreibt zu seiner Figur, man kann es wieder an der danebenstehenden Infotafel lesen:

 

Die Skulptur ist in Anlehnung an die Erdgöttin der minoischen Kultur (1600 v. Chr.) sowie an die Nike von Samothrake (180 v.Chr.) als symbolträchtige Wegmarke für das Millennium konzipiert.

 

Die 7m hohe Skulptur besteht aus zwei Teilen.

Der untere Teil, erdverbunden, der Torso, als Körper, oder Kleid zu sehen, besteht aus Cortenstahlplatten, die schuppenartig aufeinandergestapelt sind. Dynamisch nach hinten geworfene Flügel, himmelverbunden, bilden den oberen Teil.

 

Die Mamma ist in der Himmelsrichtung Nordosten ausgerichtet und weist somit in Richtung des Sonnenaufgangs bei der sommerlichen Sonnenwende. 


Von hier geht es nun weiter über den Köchlingser Weg, einen besonders schön ausgeprägten Hohlweg in Richtung Meiningsen. 

 

Bevor es aber ins historische Zentrum von Meiningsen geht, finden wir an der Ecke Köchlingser Weg / Sauerweg einen kunstvoll bemalten Verteilerkasten.

 

Verteilerkästen stehen in Städten an vielen Stellen. 

Mit ihrem meistens trostlosen Grau verschönern sie ihre Umgebung sicherlich nicht. Mit einem bisschen Farbe und einer guten Idee kann man sie aber zu einem besonderen Aussehen verhelfen.

 

Eine Postkarte von 1920 mit einer alten Windmühle, die am Windmühlenpfad stand, diente hier als Mustervorlage.


 

Etwas später stehen wir dann am Dorfplatz von Meiningsen. Bereits im 12. Jahrhundert wurde Meiningsen erstmals urkundlich erwähnt. Damals hieß Meiningsen noch Meininghausen.

 

Hier am Dorfplatz im Zentrum des Ortes befindet sich die um 1100 erbaute St.-Matthias-Kirche. Sie ist die älteste Kirche in der Soester Börde.

Nur der Chor und der Turm, der auf den Fundamenten des alten Turmes errichtet wurde, sind jünger und stammen aus dem 19. Jahrhundert.


 

 

Im alten Fachwerkhaus direkt an der Kirchenmauer befanden sich lange Zeit ein Kolonialwarenladen und eine Gastwirtschaft, später kam noch eine Poststelle hinzu.

 

In der oberen Etage befand sich ein großer Saal, wo Vereinsversammlungen, Familienfeiern, Dorffeste und Tanzstunden abgehalten wurden.


20 Minuten vergehen, bis wir in Ampen, eines der größeren Dörfer der Soester Börde stehen und uns ein besonderes Schmuckstück, einen der vielen offenen Bücherschränke, die zurzeit immer mehr im Kommen sind, bewundern dürfen.

Ein Wachhäuschen passenderweise am Schlagbaum in der Straße „Im Scheuning“, der auf eine mittelalterliche Mautstelle hinweist, ist in einem offenen Bücherschrank verwandelt worden. An dieser Stelle quert heute noch der tief eingeschnittene Bachlauf des Röllingser Grabens den alten Hellweg. 


 

Am Ortsausgang von Ampen in Richtung Werl kommen wir dann zur nächsten Wegmarke „Galgenvogel“ von Fritz Risken.

 

Der Künstler erinnert mit seiner Skulptur an eine ehemalige Hinrichtungsstätte der Stadt Soest.

 

Ein gespenstischer Ort, an dem bis vor ca. 300 Jahren ein Galgen stand. Hier wurden verurteilte Soester Bürger vom Leben in den Tod befördert.

 

Noch heute heißt das Flurstück "Am Galgen".


Die letzte Wegemarke auf unserer heutige Radtour "Erkenntnisprozesse" von Kord Winter finden wir auf dem Gelände des ehemaligen Klosters Paradiese. Ein bronzener Apfel, der hier auf einem alten Baumstamm liegt, zeigt bei näherer Betrachtung einen Kartenausschnitt der Gegend mit dem Hinweis auf den Ort „Paradiese“.

 

Der Künstler schreibt zu seiner Skulptur: Stellvertretend für die Frucht der Erkenntnis kann der Apfel ein Mosaikstein zum Verständnis unserer Situation heute sein. Auf der ständigen Suche nach einem paradiesischen Zustand mithilfe der Medien sind wir auf akustische und optische Reize fixiert. Dabei können wir uns mit einem Biss in einen Apfel die Erkenntnis verschaffen, dass wir im gleichen Moment mit allen Sinnen dabei sind. Dass es diesen paradiesischen Zustand geben kann, dafür steht der Apfel.

Das in den vergangenen zwei Jahrhunderten stark verfallene, ehemalige Dominikanerkloster wurde in den letzten Jahren mit Unterstützung des Landes Nordrhein-Westfalen restauriert und beherbergt heute ein privates Gesundheitszentrum mit dem Schwerpunkt für Hämatologie und Onkologie.

 

Von hieraus geht es nun wieder auf geraden Weg zurück nach Soest, wo in der Nähe der alten Stadtmauer unser Auto auf uns wartet.

 

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